MAYBEBOP – Die Gedanken sind frei

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Ich erinnere mich gut und gerne an mein erstes reines MAYBEBOP-Volksliederkonzert („Volklore“ auf der chor.com 2019) – für mich eines der berührendsten Konzerte der Vier. Nun hat die immer noch angesagteste und erfolgreichste deutsche A-Cappella-Band mit „Die Gedanken sind frei“ ein Album produziert, das ausschließlich Volkslieder, oder eigentlich: MAYBEBOP-Arrangements von Volksliedern enthält. Auf CD allerdings, so mein subjektiver Eindruck, funktionieren nicht alle Stücke in der grandiosen Selbstverständlichkeit, die ich von MAYBEBOP gewohnt bin.

Zunächst stellt die Band mit einem kurzen Intro klar, dass Heimatverbundenheit für sie vor allem Naturverbundenheit bedeutet – möglicherweise muss man sich auf so einem Album vorsorglich gegen Vereinnahmungen von unliebsamer Seite verwahren. Dann aber geht es mit einem Arrangement von Bariton Oliver Gies sehr MAYBEBOP-typisch los: „Vom Schlaraffenland“ (von Fallersleben) überzeugt mit perfektem Vokalsatz und rhythmischer Raffinesse. „Die Gedanken sind frei“, das Titellied, ist wohl eines der meistgesungenen Gies-Arrangements in der populären deutschen Chorszene und quasi ein Standard von MAYBEBOP.

Amazing Grace: MAYBEBOP mit Morten Vinther (The Real Group) und Julian Knörzer (UNDUZO) auf der chor.com 2019


Ebenfalls ein Klassiker des Repertoires ist „O Täler weit“ (Eichendorff), das hier in einer etwas modifizierten Version erklingt, die dem „neuen“ Bass ein wenig Raum für seine persönliche(n) Note(n) gibt – sehr gelungen! Der Perfektion des Gesangs von Countertenor Jan Bürger ist sowieso selten etwas hinzuzufügen. Etwas schwieriger wird es für mich beim Electro-Trance des folgenden „Es geht ein dunkle Wolk herein“: Der Widerspruch zwischen dem düsteren Text und dem rhythmisch ziemlich munteren Arrangement (Lukas Teske) wird für mich nicht wirklich aufgelöst; ich bleibe hier etwas ratlos zurück. „Nur eine kleine Geige“ (von Fallersleben) bleibt im gewohnt souveränen Gies-Arrangement, „An der Saale hellem Strande“ dagegen erinnert mich klanglich und harmonisch an Singers Unlimited oder The Swingle Singers; Christoph Hillers Arrangement transportiert eine schöne und thematisch stimmige Atmosphäre.

Und so geht es überwiegend überzeugend weiter: Lukas Teske berlinert sehr hübsch durch „Bolles“ Pfingstreise, Oliver Gies beweist mit „Aus jenen grünen Büschen“, dass es zeitlos aktuelle Zeilen gibt: „Nimm bald in Deine Heimat die Heimatlosen auf!“. „Mädel ruck ruck ruck“ (Christoph Hiller) wiederum will klanglich sehr viel, leidet für mich aber ein wenig unter einem Mangel an vertonter Selbstironie, wie man sie z. B. aus „Kacktus“-Zeiten noch im Ohr hat.

Alles in allem legt MAYBEBOP mit „Die Gedanken sind frei“ ein Album vor, das einerseits mühelos den Ausnahmestatus dieses Quartetts belegt; anderseits bleibt für mich ein etwas unbefriedigender Gesamteindruck zurück: Zu gut sind die eigenen Songs, zu gewitzt die eigenen Texte, als dass eine CD, die auf beides verzichtet, ein wirklich vollwertiges MAYBEBOP-Produkt werden könnte.


Eigenverlag, maybebop merchandise GbR
Dauer: 50:41 min

www.maybebop.de

Rezension geschrieben für die Chorzeit – Das Vokalmagazin, Ausgabe 11/2021