Seit vielen Jahren schon existieren große und relevante Wettbewerbe für die deutsche Chorszene: Führend natürlich alle vier Jahre der Deutsche Chorwettbewerb, veranstaltet vom Deutschen Musikrat, sowie, ebenfalls alle vier Jahre, aber um zwei Jahre versetzt der Chorwettbewerb innerhalb des Deutschen Chorfestes, veranstaltet vom Deutschen Chorverband. Ab 2020 wird es einen weiteren Player in der Runde geben: Die Deutsche Chormeisterschaft im jährlichen Wettbewerbsturnus, veranstaltet von Interkultur.
Am 18. September 2019 fand zu diesem neuen Format die erste Pressekonferenz in Koblenz statt – dem Austragungsort der ersten Dt. Chormeisterstadt vom 6.-8.11.2020. Die Stadtbibliothek im Forum Confluentes war gefüllt mit Vertretern der Presse sowie der Stadt Koblenz, Akteuren der Koblenzer und Rheinland-Pfälzer Chorszene sowie Mitarbeitern und Vertretern der Künstlerischen Leitung von Interkultur. Wie schön, sie dort wiederzutreffen: Flannery Ryan, ehemalige Bundesvorsitzende der Deutschen Chorjugend und Präsidiumsmitglied der European Choral Association, die ab November die Projektleitung der Dt. Chormeisterschaft bei Interkultur übernehmen wird.
Nach der offiziellen Begrüßung durch Günter Titsch, Präsident von Interkultur, und dem Koblenzer Oberbürgermeister David Langner stellte Axel Pfeiffer, Musikalischer Leiter des Landesjugendchors Hessen, das Konzept der Dt. Chormeisterschaft vor. Interkultur startet den Wettbewerb mit einem niederschwelligen Einstieg: Zu Beginn gibt es die offene Diplomrunde, in der jeder Chor drei Werke vor drei Juroren präsentieren darf. Wer sich hier gut präsentiert, qualifiziert sich für die Medaillenrunde, in der der Anspruch etwas höher liegt. Hier muss der Chor vier Werke vor fünf Juroren präsentieren. Für die Medaillenrunde kann man sich als Chor auch direkt vorab bewerben und somit die Diplomrunde überspringen. Aus jeder der vier Kategorien (Gemischte Chöre, Männerchöre, Frauenchöre, Kinder- und Jugendchöre) werden die jeweils zwei besten Chöre in die Finalrunde weitergeleitet. Hier kämpfen die Chöre in ihrer jeweiligen Kategorie mit zwei Stücken um den Titel des Dt. Chormeisters. Anmerkung von persönlichem Interesse: Es wird keine eigene Pop-Jazz-Kategorie geben. In der Kategorie „Gemischte Chöre“ treten klassische sowie populäre Chöre gleichberechtigt gegeneinander an. Ich würde sagen: Challenge accepted 😉 Allerdings ist keinerlei technische Verstärkung zugelassen. Ebenso wird es (noch) keine Kategorie für A-Cappella-Ensembles oder Vocal Bands geben – die Mindestteilnehmerzahl bei den Chören liegt bei 16 Personen.
Es gibt im Wettbewerb übrigens keine Pflichtstücke – und ebenso kein Preisgeld.
Prof. Dr. Ralf Eisenbeiß, Künstlerischer Direktor von Interkultur, stellte das Bewertungssystem des Wettbewerbs vor: In der Diplomrunde wird mit einem 30-Punkte-System gewertet, in der eine Mindestpunktzahl von 23 zur Weiterleitung benötigt wird. In der Medaillenrunde gibt es dann ein 100-Punkte-System: Die beiden punkthöchsten Chöre jeder Kategorie mit Mindestpunktzahl von 85 Punkten qualifizieren sich für das Finale. Dort zählt dann die einfache Mehrheit der Juroren, wobei eine Jurystimme auf eine Zuschauerjury aus 9 Personen entfällt.
Willi Becker, Dirigent und ehem. Musikkoordinator im „Kultursommer Rheinland-Pfalz“, stellte anschließend das Rahmenprogramm vor: „Koblenz trägt die Namen Beethoven und Mendelssohn, Koblenz ist eine singende Stadt und kann Zentrum der Chormusik sein!“. Der Wettbewerb selbst findet am Samstag den 7.11.2020 statt, am gesamten Wochenende ist in Koblenz ein Rahmenprogramm mit Konzerten, Workshops und offenen Singprojekten angedacht. Das Eröffnungskonzert am Freitagabend gestaltet die Singschule Koblenz zusammen mit dem Leipziger Ensemble Amarcord. Bei der Finalshow am Samstagabend in der Rhein-Mosel-Halle treten neben den acht Finalchören die Landesjugendchöre aus Hessen und Rheinland-Pfalz auf, ebenso wird ein – bisher nicht weiter benannter – Stargast erwartet, es findet zudem ein großes offenes Singen statt. Im Anschluss startet eine lange Chornacht in Koblenzer Kirchen und öffentlichen Plätzen, am Sonntagmorgen werden Gottesdienste von Chören mitgestaltet.
Bernhard Kugler, Künstlerischer Leiter der Aurelius Sängerknaben Calw, präsentierte die bislang feststehenden Juroren aus der internationalen Chorszene: Mathias Breitschaft (Deutschland), Javier Busto (Spanien), Alexander Koller (Österreich), Kersten Lachmann (Deutschland), Vytautas Miškinis (Litauen), Roxanna Panufnik (Großbritannien), Eva Holm Foosnes (Norwegen), Stehen Lindholm (Dänemark), Mara Marnauza (Lettland), Myguel Santos e Castro (Portugal) und Bernie Sherlock (Irland).
In der anschließenden Diskussion kamen natürlich auch Fragen zur Abgrenzung der bisher existierenden Chorwettbewerbe auf. Prof. Eisenbeiß erklärte, man wolle sich gar nicht abgrenzen, die Szene lebe vielmehr durch Vielfalt. Alle Wettbewerbe können und sollen parallel nebeneinander stattfinden. Interkultur bezeichnet die Dt. Chormeisterschaft als Brücke für Chöre, die bisher wenig an Wettbewerben teilgenommen haben. Es wurde betont, dass ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Interkultur darin liegt, dass sie „Chöre motivieren und qualifizieren“. Sie holen die Chöre an einem Punkt ab und bringen sie über die Jahre nach oben. Dies sei durch die vielschichtigen Wettbewerbsstufen (Medaillen, Diplome etc.) ermöglicht.
Musikalisch umrahmt wurden die Pressekonferenz und die anschließende Besichtigung der Konzertlocations durch die Kölner Vokalsolisten.
Zitat des Tages: „Singen wird weiblicher, die Organisation liegt jedoch in männlicher Hand, wie man dem heutigen Morgen entnimmt.“
Die Projektentwicklung der Dt. Chormeisterschaft liegt in den Händen von Gent Lanzri, die Künstlerischen Leiter sind Willi Becker, Prof. Dr. Ralf Eisenbeiß, Bernhard Kugler und Axel Pfeiffer.
Die Anmeldung zur Dt. Chormeisterschaft ist bereits möglich, Anmeldeschluss ist der 25.05.2020. Die Anmeldegebühren pro Chor und Kategorie beträgt 250€, zusätzlich ist für jeden aktiven Teilnehmer eine Gebühr von 34€ zu entrichten. Die Reisekosten gehen zu Lasten des teilnehmenden Chores.
Ausführliche Informationen gibt es unter www.chormeisterschaft.de
Beitrag geschrieben von Nina Ruckhaber, 22.09.2019
Fotos: Roger Schmidt, Nina Ruckhaber