Interview ChorKlangBezirk

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Mit einem Aufruf im Herbst 2017 startete das A-Cappella-Ensemble KLANGBEZIRK ein ganz besonderes Herzens-Projekt: den ChorKlangBezirk. Das Ensemble öffnete seine Türen für 150 Sänger aus Deutschland und Taiwan. Gemeinsam gestalteten sie Konzerte und gingen für eine professionelle CD-Produktion ins Tonstudio. Ich habe mich mit Tanja Pannier und Matthias Knoche über das Projekt unterhalten.

1. Wie kam es zur Idee des ChorKlangBezirks?

Die Idee entstand aus zwei verschiedenen Wurzeln heraus. In Berlin veranstalten wir seit bereits sechs Jahren Gemeinschaftskonzerte mit Chören in der WABE unter dem Namen „ChorKlangBezirk“. Zum anderen haben wir eine langjährige Freundschaft zur Acappella-Szene in Taiwan. Nachdem wir bereits fünf Alben als Quartett veröffentlicht haben, wollten wir mit der nächsten CD-Produktion für uns neue Wege beschreiten und so kam es, dass wir 2016 in Kooperation mit dem Taiwan Choral Music Center (TCMC) den ersten Jazz- und Popchor in Taiwan gründeten und 2017 in Deutschland den Aufruf an alle singenden Menschen starteten, mit uns gemeinsam zu singen, auf der Bühne zu stehen und eine CD aufzunehmen. Der ChorKlangBezirk mit rund 150 Sänger*innen war geboren.

2. Was genau erleben die Sänger im gesamten Projekt?

Das ist sehr vielfältig. Wir haben uns für das Projekt bewußt gegen ein Auswahlverfahren entschieden, denn uns ist es das größte Anliegen gewesen, allen die Lust haben mit uns zu singen diese Möglichkeit zu geben. Jeder kann nach seinen Möglichkeiten teilnehmen: keine Beschränkung der Sängerzahl, Stücke die für alle singbar sind, keine Teilnehmergebühr, damit auch Menschen mit wenigen finanziellen Mitteln dabei sein können. Und so haben wir eine wunderbar vielfältige Mischung an Teilnehmern erleben dürfen: eine Altersspanne von 17 bis 70, aus allen Teilen Deutschlands, Menschen jederlei Herkunft. Und das führte zu einem Erleben von Gleichheit, Gemeinschaft und Zusammenhalt über alle Grenzen hinweg, gebündelt im gemeinsamen Singen. Und natürlich hatten die Sänger*innen die Möglichkeit das einmalige Erlebnis einer Studioproduktion und zweier großer Releasekonzerte zu spüren.

3. Wie habt ihr die Studioaufnahmen erlebt? Die Teilnehmer bestehen ja aus vielen Laienchorsängern…

Die Studioaufnahmen mit so viele Sänger*innen verteilt über die ganze Welt war für uns auch absolutes Neuland. Wir waren sehr berührt von der guten Vorbereitung aller Teilnehmer*innen. Ohne diese gute Vorarbeit (Noten wissen, Texte können, Inhalt verstehen) wäre es nicht möglich gewesen. Die Studioaufnahmen in Berlin waren irre heiß (im Hoch-Sommer), aber wir haben es über den Tag unglaublich gut geschafft gemeinsam den Fokus zu halten. Wir hatten mit unserem Technikteam bestehend aus Jochen Dorn, Volker Greve und Maximilian Pedace eine großartige Zusammenarbeit und alle waren willens den besten Klang heraus zu holen. Das braucht bei Studioaufnahmen immer viel Geduld, Konzentration und Freude. Das alles durften wir erleben und haben auch für uns sehr schnell und gut feststellen können, wie wir als zweiköpfiges Chorleiter-Team arbeiten können. Matthias war im Aufnahme-Saal und hat den Chor geleitet. Tanja war draußen in der Regie mit dem Technikteam und hat von dort aus die Aufnahmen geleitet und das wichtige Aufnahme-Notizen-Buch geführt, das uns von Beginn bis Abschluss der Produktion mit begleitet hat.

4. Personell hat sich in der letzten Zeit bei Klangbezirk einiges geändert. Wie kam es dazu und wie wird es nun musikalisch weitergehen?

Klangbezirk besteht seit seiner Gründung aus Sängern, die neben Klangbezirk auch ihre eigenen Projekte verfolgen, und sich bei Klangbezirk dem Ensemblegesang widmen. Deshalb war es auch für uns immer gut nachvollziehbar, dass es in der Band ab und an Besetzungswechsel gab.

Dieses Mal kamen mehrere Faktoren zusammen. Martin ist gerade Papa geworden und will sich seiner neuen Familie besser widmen können und Friederike hat bereits einige tolle Solo-Alben produziert und gespürt, dass sie ihre künstlerische Energie noch mehr dafür verwenden möchte. Nach vielen Jahren, die wir schon Wechsel im Klangbezirk erlebt haben, war es an der Zeit neu zu denken. Denn alle Sänger*innen, die im Klangbezirk waren und sind, sind absolute Herzensmusiker und wir möchten allen gern jeden Freiraum und Gestaltungsmöglichkeit sowohl in der Gruppe, als auch als Solokünstler geben. Eine feste Band erfordert allerdings einen großen Fokus und damit ist viel Zeitaufwand, Energie und Leidenschaft für nur eine Sache erforderlich. Wir beide waren von jeher überzeugt all unsere Energie in diese Band stecken zu wollen und sind nun über zehn Jahren gemeinsam künstlerische Gestalter und Ideengeber. Wir möchten allen Mitsännger*innen einen freien kreativen Raum bieten, der nicht von zu viel Drumherum-Stress geprägt ist. Wir wollen aber zukünftig auch mehr Basis und Richtungsklarheit für uns hineinbringen. So haben wir zu zweit, aber auch mit ehemaligen Klangbezirkler*innen überlegt, was ein gutes und für uns funktionierendes Konzept für die Band sein kann. Und so kamen wir zu der Idee als festes Duo weiterzuarbeiten, das sich aber die Freiheit nimmt hier und da mit wundervollen musikalischen Gästen zu arbeiten. Das gab uns jetzt auch noch ganz neue Denkanstöße, so dass wir momentan auch mit der Poetry Slammerin Meta Friedrich gemeinsam arbeiten, oder auch mit anderen lieben Kollegen*innen aus der Vokalszene, die vielleicht auch eine feste Band haben, aber ab und zu mit uns musizieren können.

Unsere Erfahrungen damit bis jetzt sind sehr positiv. Wir haben das Gefühl, die Klangbezirk Familie wächst und es gibt noch weniger Grenzen als je zuvor. Wir verspüren einen großen kreativen Freiraum, den wir uns mit Liebe nun gönnen.

5. Wie funktioniert ein Gesangsduo mit dem eigenen Partner? Habt ihr nicht manchmal den Wunsch, berufliches und privates zu trennen?

Wir haben beide einen Riesenspaß dabei miteinander zu singen! Und da wir das nun schon seit über 10 Jahren tun, stellen sich viele Fragen gar nicht mehr. Wir verstehen uns quasi blind, menschlich wie musikalisch. In 10 Jahren gemeinsamen Musizierens haben wir auch unterschiedliche Strategien ausprobiert, wie wir mit der Trennung von Beruflichem und Privatem umgehen können. Am Schluss bleibt es immer eine Entscheidung im Moment. Gemeinsam die imaginäre Bürotüre schliessen, trotzdem kreative Impulse zulassen und auch das Recht haben, dem anderen zu sagen, wenn es gerade nicht passt.

6. Beschreibt euch gegenseitig mit 3 Wörtern!

Tanja über Matthias: filigran und durchdacht, Herzensmensch, Rampensau… huch! Eins zu viel 🙂
Matthias über Tanja: absoluter Bühnenmensch, zielstrebig und gleichzeitig verspielt

7. Was schätzt ihr musikalisch am jeweils anderen?

Matthias: Tanja lebt und atmet Musik. Neben ihrer riesigen Freude am Improvisieren, neu Kombinieren und flexiblen Reagieren, ist sie in der Lage ein Stück vom ersten Moment an zu fühlen und alle Zuhörer mit in ihre Welt zu nehmen. Ich habe durch sie schon so viele magische Momente auf der Bühne erlebt und bin total glücklich, mit ihr musizieren zu können. Wenn ich Tanja mit Chören arbeiten sehe, bin ich immer aufs Neue beeindruckt, wie gut ihr Blick für das Ganze musikalisch aber auch für die komplette Gruppe ist. Und dabei findet sie auf Anhieb die Punkte, die es auszuarbeiten gilt, um ein noch besseres und musikalischeres Bühnenerlebnis zu schaffen. Tanja ist ein absoluter Herzensmensch und sie strahlt diese Liebe für Musik und das gemeinsame Singen förmlich aus. Zudem hat sie eine super Gesangstechnik, von tiefem Alt bis hohem Sporan, mit beeindruckender Leichtigkeit. Und so gibt sie all ihr Können auch weiter, spielend leicht.

Tanja: Matthias ist ein Vollblutmusiker durch und durch. Er singt (wirklich!) den ganzen Tag, manchmal auch nachts beim schlafen. 😉 Er blickt auf Musik immer sowohl analytisch, als auch mit dem Herzen und findet in einer irren Geschwindigkeit den springenden Punkt eines Musikstücks. Er ist in der Chorarbeit ein absoluter Detailarbeiter, der aber den Blick für das Gesamte nicht verliert. Als Arrangeur blickt er immer auf die Essenz eines Stückes und es gibt so viele Arrangements von ihm, die ich einfach liebe (auch wenn sie mal nicht für Klangbezirk geschrieben wurden). Als Sänger kann er sowohl im Falsett strahlen, als auch einen warmen Bass geben und dann zusätzlich noch die groovigste Vocal Percussion hinzufügen. Er ist einfach ein absolutes musikalisches Fundament und einer der facettenreichsten und flexibelsten Sänger, die ich kenne. Ich stehe manchmal neben ihm auf der Bühne und freue mich einfach, dass ich wirklich mit ihm da stehen kann und mit ihm einfach Musik machen kann.

8. Worauf habt ihr euch am meisten gefreut?

Die Releasekonzerte liegen nun hinter uns und was am meisten bei uns geblieben ist: Dankbarkeit. Allen Beteiligten gegenüber, allen Helfer*innen, Crowdfunder*innen, unseren Familien und Freunden und allen Wegbegleitern gegenüber. Das war ein riesiges Projekt und wir sind so dankbar, froh und stolz, dass wir das wirklich gemacht haben.

Das Schönste sind die Live-Momente bei denen man in einen großen Klang eintaucht und die von purer Freude am Musizieren leben. Wir haben das Gefühl etwas großes für uns geschafft zu haben und blicken mit ganz viel Stolz und Freude zurück auf diese wahnsinnige Zeit.

Und bei all dem Glück, das wir hier erlebt haben, wollen wir es natürlich nicht belassen. Wir planen schon jetzt eine ganz besondere Reunion, denn in 2021 wollen wir die Klangbezirk Taiwan Singers einladen, mit dem ChorKlangBezirk in Berlin auf der Bühne zu stehen.

Im März feierten alle Beteiligten das Erscheinen der neuen CD mit zwei Konzerten in der WABE Berlin. Ab sofort ist die neue CD erhältlich und auf diversen Plattformen verfügbar. Am besten unterstützt ihr aber die Musik, wenn ihr die CD für 18 € (inkl. Versand) direkt bei Klangbezirk bestellt.
Hier die neue CD bestellen!

www.klangbezirk.com