Barbershop Musikfestival 2018

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Gabriele von Rauch (Vorstand BinG!) im schönsten Kleid des Festivals. Foto: K. Volkmar

Ninas VoxBox on tour: Mein erstes Barbershop-Festival

Die Barbershop-Szene ist eine ganz eigene. Bisher wusste ich lediglich, dass diese Sparte des A-Cappella-Gesangs existiert. Mein erstes richtiges Barbershop-Konzert mit den Ringmasters gefiel mir dann so gut, dass ich wirklich neugierig und aktiv wurde. Nach meinem ersten Besuch beim Barbershop Musikfestival in München habe ich nun in Ansätzen einen Eindruck bekommen, wie diese Szene tickt…

Knapp 1000 Sängerinnen und Sänger besangen an diesem Wochenende den Gasteig München. Sie kamen dafür nicht nur aus ganz Deutschland, sondern auch aus den USA, Skandinavien und Australien, Niederladen, Kanada, UK und Irland. Frauen-, Männer- und gemischt singende Ensembles traten in diversen Wettbewerben gegeneinander an, umrahmt von Auftritten hochkarätiger, internationaler Gast-Ensembles.

Meine persönlichen 3 Barbershop-Erkenntnisse des vergangenen Wochenendes

Beim Afterglow: Gabriele von Rauch, Nina Ruckhaber, Alexander Koller, Nena Wagner, Thorsten Engels

1) Afterglows waren mir bisher von anderen A-Cappella-Konzerten gut bekannt: Man trifft die Künstler nach dem Konzert im Foyer zur Autogrammstunde, zum Austausch und vielleicht zu einer unverstärkten Zugabe. Doch im Barbershop hat der Afterglow eine ganz andere Dimension. Das „Nachglühen“ nach Konzerten oder Proben ist hier eine der wichtigsten Bestandteile der Veranstaltung. Die halbe Nacht singen alle in lockerer Atmosphäre Tags und Standardstücke in vertrauten oder in neuen Konstellationen. Neue Sänger werden dadurch sehr schnell in die Gemeinschaft aufgenommen. Bei mir hats geklappt 🙂 Ach übrigens: Tag-Singen: I love it! Tags sind die Schlussphrasen in einem Arrangement. Im Barbershop haben Tags im Laufe der Zeit ein Eigenleben entwickelt: Sie werden bei Afterglows und sonstigen Anlässen eigenständig gesungen. Ich habe übers Wochenende einige lernen können und Blut geleckt. Es ist einfach der Wahnsinn, wenn man selbst die obertonreichen Klänge mit Anderen erzeugen lernt.

Rönninge Show Chorus, Foto: K. Volkmar

2) Verglichen mit der populären Chorszene ist das musikalische Niveau der Barbershop-Szene meinem Empfinden nach überdurchschnittlich hoch. Für die Sänger ist es völlig selbstverständlich, im Quartett zu singen und ihre Parts perfekt zu beherrschen – das lob ich mir! Genretechnisch herrscht eine viel größere Strenge: Die Arrangements sind immer 4-stimmig, close harmony und nach festgelegten Regeln gestrickt. Erst seit wenigen Jahren ist es „zulässig“, dass Männer und Frauen gemeinsam in einem Ensemble singen. Mitglieder der Jury (hier alle 6 aus Amerika angereist) müssen sich alle drei Jahre neu zertifizieren lassen, um überhaupt als Jury zum Einsatz kommen zu dürfen. Jede Jury ist im Barbershop übrigens klar einem der 3 Bewertungsbereiche zugeordnet: Singing, Music oder Presentation. Ich wünsche mir, dass auch Barbershop-Ensembles und -Chöre am Dt. Chorwettbewerb oder an den Wettbewerben bei Chorfesten teilnehmen und die sonstige populäre Szene mal ein bisschen aufmischen. Vielleicht auch mit eigener Kategorie?

Harmunichs, Foto: K. Volkmar

3) In der Barbershopszene herrscht eine hohe Identifikation mit dem ausgeübten Gesang. Der dt. Barbershopverband BinG! fasst ca. 700 Mitglieder – und dies sind tatsächlich alles aktive Sängerinnen und Sänger, die dieses Hobby leben. Zusammen mit den ausländischen Gästen standen knapp 1000 Sänger auf der Bühne im Münchner Gasteig. Die Identifikaton merkt man in den unterschiedlichsten Bereichen. Sei es die intensive Auseinandersetzung mit der Bühnenkleidung, die im Barbershop eine ganz andere Rolle spielt als in der restlichen populären Chorszene. Sei es die kreative Bühnenbildgestaltung (Harmunichs: Hut ab!) oder die Bereitschaft, solche Events und die Teilnahmegebühren persönlich mitzufinanzieren. Ärgern sich in anderen Verbänden Mitglieder über wenige Euro Mitgliedsbeiträge im Jahr, so legt hier neben den regulären Beiträgen jedes Mitglied 120€ auf den Tisch, um überhaupt auftreten zu dürfen. Es werden regelmäßig in absoluter Selbstverständlichkeit Noten und Übefiles gekauft. Hier kann so manch einer in puncto „Engagement für das eigene Hobby“ etwas lernen.

Rönninge Show Chorus mit ihrem Choreograf Jan Alexandersson, Foto: K. Volkmar

Was bleibt zudem in Erinnerung?

> Rönninge Show Chorus: What the hell ist denn da los? Schaut selbst.

> Über 22h im Sitz des Gasteig München. Es gibt schlechtere Orte sein Wochenende zu verbringen.

> New Fangled Four, Double Date und Potential Scandal: sensationelle Auftritte!

The Newfangled Four, Foto: K. Volkmar
Double Date, Foto: K. Volkmar
Potential Scandal, Foto: K. Volkmar

> Für jedes Jurymitglied nur einen Klatscher. Effizient, schnell, sinnvoll!

mit zwei Juroren: Clay & Becki Hine, Nina Ruckhaber, Maximilian Stössel

> Munich Show Chorus: Steile Karriere; Ihr solltet euch dringend zum nächsten Dt. Chorwettbewerb anmelden!

Munich Show Choir, Foto: K. Volkmar

> Auch für den Nachwuchs ist gesorgt: BinG! Youth Chorus

BinG! Youth Chorus, Foto: K. Volkmar

> Vierlingsbarbershop mit unfassbarem Blending: Vintage Mix

Vintage Mix, Foto: K. Volkmar

> Weitere Favoriten: Erster Kölner Barbershop Chor, Ripple Effect, T-Sing und SomeSing

SomeSing, Foto: K. Volkmar

Isoliert von der populären Chorwelt bewegt sich die Barbershopszene ohne nennenswerte Überschneidungen quasi in einem Paralleluniversum.

Maximilian Stössel, Jame Meyer, Naima Roos Meyer, Nina Ruckhaber, Clay Hine

Alle dort Beteiligten und die genannten Jurymitglieder und Dozenten waren mir unbekannt – ein sonderbares Gefühl, in einer Art parallelen Chorszene neu zu starten. Doch die Offenheit und Herzlichkeit, mit der ich dort direkt aufgenommen wurde, hat mich einfach umgehauen. Vielen Dank an die vielen lieben Menschen, die ich vergangenes Wochenende kennenlernen durfte. Ich würde sagen: to be continued…

So, wer singt mit mir jetzt einen Tag? 🙂

Weitere Infos zum Dt. Barbershop unter www.barbershop.de
Die Videos der besten dt. Quartette und Chöre, gibt es auf Youtube zu sehen.
Und das schrieb die Süddeutsche Zeitung: